Theophil Wunderlin, geboren 1853, betrieb als Adlerwirt gleichzeitig eine Metzgerei im Haus. Auf der Foto steht eine Festgesellschaft vor dem Gasthaus. Erkennbar sind die beiden Anschriften „Gasthaus zum Adler“ und über dem ersten Fenster beim Eingang „Metzgerei“.
Im Jahre 1906 wurde der Gasthof zum „Adler“ durch die Wirtin und Witwe Ida Wunderlin-Güntert, geboren 1860, geführt, zusammen mit ihren beiden Töchtern Frida Lina (*2. Januar 1888) und Luise (*24. Dezember 1889). Nach dem Tod ihres Mannes Theophil Wunderlin am 17. Januar 1900 vermietete die Wirtin die Metzgerei im selben Haus an den 28 Jahre alten Metzger Siegfried Wunderlin. Dieser stammte aus Badisch Wallbach.
Der Junggeselle strebte ein Liebesverhältnis zur 1860 geborenen Wirtin an. Immer wieder muss er um die Hand der 45-jährigen Wirtin und Witwe angehalten haben. Nach mehreren Misserfolgen versuchte er sein Glück bei der älteren Tochter Lina. Doch auch diese lehnte ab.
Am Samstag 3. Februar 1906 bemühte er sich erneut um die Gunst der Wirtin. Diese war beim Zubereiten der Abendmahlzeit in der Küche beschäftigt und wies ihn erneut ab. Dabei betonte sie, er könne sich seine Bemühungen sparen, „sie seien ganz vergebens“. Dies brachte den Metzger derart in Rage, dass er den Revolver gegen das Genick der Wirtin richtete und schoss. Sie war augenblicklich tot. Im Sterbebuch der Pfarrei wird die Todeszeit mit 17.15 Uhr angegeben.
Die 18-jährige Tochter Lina befand sich im Haus und hörte den Schuss. Sie flüchtete ins Freie und rief um Hilfe. Der Täter indes flüchtete durch die Kegelbahn zum Abort, schloss sich dort ein und richtete sich mit einem Stirnschuss selber. Das Verbrechen löste im ganzen Fricktal grosse Betroffenheit und Anteilnahme aus.
Schon am Montag 5. Februar fand die Beerdigung statt. Am 13. Februar 1906 kam die älteste Tochter Lina mit dem Bruder der Verstorbenen und dem amtlichen Pfleger zum Gemeinderat, um die nächsten Schritte zu besprechen.
Am 17. Februar 1906 erfolgte durch den Gemeinderat der Beschluss einer öffentlichen Versteigerung des Mobiliars. Doch die Folgen für die jungen Töchter hätten sich dadurch als schwierig erwiesen.
Am 24. Februar wurde die Sache nochmals besprochen und nach der Gemeinderatssitzung bekannt gegeben, dass „die Wirtschaft durch die minderjährigen Töchter, unter Aufsicht des Pflegers und der Verwandten einstweilen besorgt“ und somit weiter geführt werde.
Im März 1906 verhandelte der Gemeindeammann mit dem Vater des Mörders über eine Entschädigung an die hinterbliebenen Töchter, wobei sie sich auf eine Summe von 3000 Franken einigten.
Recherche:
Gerhard Trottmann
Quellen:
„Neue Zürcher Zeitung“ vom 5. Februar 1906
„Bote vom Untersee und Rhein“ vom 7. Februar 1906
„Le Nouvelliste“ vom 10. Februar 1906
Gemeinderatsprotokolle Februar und März 1906
Geburts-, Ehe- und Sterbebücher im Pfarreiarchiv