Die erste Mumpfer Kirche entstand wohl in Verbindung mit dem Stift von Säckingen. Es war ein rechteckiger Bau mit den Aussenmassen von 11 Meter Länge und 6.8 Meter Breite. Die Mauerdicke betrug 70 Zentimeter. Diese Masse weisen auf die Bauepoche des 8. oder 9. Jht. hin. Die Ausrichtung nach Osten wurde von König Karl dem Grossen (748 bis 814) vorgegeben. Der Bau dürfte ohne Turm erstellt worden sein, sondern nur mit einem damals üblichen offenen Glockenstuhl.
Die zweite Bauperiode brachte die Erweiterung nach Westen. Gemäss den Ausgrabungserkenntnissen von 1956 muss 1541 die Erweiterung um fünf Meter nach Westen statt gefunden haben mit der gleichzeitigen Errichtung des Turmes mit einer Firsthöhe von 20 Metern. Die Jahrzahl 1541 ist über dem Haupteingang im Rundbogenportal eingemeisselt. Die „neue“, nun spätgotische Kirche wies folgende Masse auf: Länge 16 m, Breite 6.8 m, Firsthöhe 9.25 m, Mauerhöhe Seitenwände 4.5 m, Dachschräge 52°.
Es folgte die Verbreiterung des Langbaus im Jahr 1682. Die Seitenwände wurden abgerissen und das Langschiff beidseitig um je 1.7 Meter erweitert. Dies hatte zur Folge, dass auch der Dachfirst erhöht werden musste. Auf der Südseite entstand ein Seiteneingang, in dessen Sturz ein Werkstück der romanischen Vorgängerkirche eingefügt wurde. Den Chorraum mit Altar hingegen beliess man im bisherigen Zustand, obwohl er derart baufällig war, dass er einzustürzen drohte. Der Chorneubau in barocker Art geschah zwischen 1741 bis 1748. Das Oberamt Rheinfelden ordnete an, aus der Kasse der Landschaft Möhlinbach der Gemeinde Mumpf 200 Gulden vorzuschiessen. Da stand er nun, die Kosten beliefen sich auf 568 Gulden, und nicht war klar, wer sie zu bezahlen hatte. 1749 zwang die Vorderösterreichische Regierung das Stift Säckingen, die Rechnungen zu begleichen.
1938 wollte die Kirchgemeinde eine total neue Kirche bauen, doch verhinderte der zweite Weltkrieg eine Ausführung. So begnügte man sich 1941 mit einem Sakristeianbau.
Die Kirchenerweiterung von 1956/57
Die Kirche war nun definitiv zu klein geworden. Den Turm und das Langschiff mit den gotischen Fenstern beliess man. Der barocke Chor mit Hauptaltar und den beiden Seitenaltären hingegen fielen dem Abriss 1956 zum Opfer. In diese Zeit fallen auch die geschichtlichen Ausgrabungen, die durch den Lokalhistoriker Pfarrer H.R. Burkart in Obermumpf und den Kantonsarchäologen Dr. R. Bosch begleitet und dokumentiert wurden. (Quelle 1)
Neu entstand ein sechseckiger Erweiterungsanbau mit einem zeltförmigen Dachaufbau. Altar, Kanzel und Taufbecken sind aus St. Michel-Marmor geschaffen und mit passenden Motiven künstlerisch versehen. Die Verglasung erfolgte durch Rigassi & Co in Rheinfelden in Anlehnung an die Elemente der um 1900 geschaffenen vier Glasrosetten im Kirchenschiff.
Die Bau-Epochen in der Übersicht:
(Nach einer Darstellung in „Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau“)
(Nach einer Darstellung in „Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau“)
Kirchengeschichtliches
Die Kirche ist dem heiligen Martin geweiht, einem zur damalig fränkischen Zeit sehr beliebten Heiligen. Es wird vermutet, sie sei durch einen fränkischen Adeligen erbaut und dann mit andern Gütern dem Kloster Säckingen geschenkt worden. Der erste namentlich genannte Pfarrer hiess Heinrich Schröter und amtete von 1328 bis 1335. Die Äbtissin besass das Recht, die Pfarrer für Mumpf zu ernennen. Diese wohnten jedoch nicht in Mumpf, sondern im Kloster Säckingen, wo sie meist zu den Chorherren oder gar zum Stiftskapitel gehörten. Der Pfarrer legte zu den Gottesdiensten oder zu Kranken und Sterbenden den Weg vom Kloster auf der Rheininsel nach Mumpf zu Fuss zurück, um dann mit der Fähre den Rhein zu überqueren, wie die Eintragung auf dem Abriss des Segginger Bans von 1680 zeigt.
Der Pfarrer von Mumpf besass eine besondere Stellung: Er war Grundherr über 30 mittlere Hofgüter und der Fronmühle. Er war auch Richter für kleinere Vergehen und Verstösse gegen die Dorfordnungen und damit Inhaber der sogenannten Niederen Gerichtsbarkeit. Er musste seine „Schäfchen“ gemäss dem Dorfrecht von 1535 auch jedes Jahr am Hilariustag einladen zu einem Speck- und Bohnenmahl mit Wein und Bier.
Mit dem Übergang des Fricktals 1803 in den Kanton Aargau und der 1806 erfolgten Auflösung des Klosters in Säckingen endete auch die Regentschaft der Äbtissin über die Pfarrei Mumpf.
Gemäss der Weisung der Kantonsregierung in Aarau nahm der Pfarrer dann nach 1803 Wohnsitz in Mumpf, zuerst in einer schlechten Mietwohnung. 1812 bezog Josef Vögelin aus Laufenburg als erster Priester das neu erbaute Pfarrhaus unterhalb des damaligen Gasthofs Adler an der Landstrasse nach Basel.
Das Pfarrhaus von 1812
Die Erstellung vom Pfarrhaus Mumpf, auch Pfrundhaus genannt, war Kantonssache. Dazu arbeitete der Kantonsbaumeister verschiedene Pfarrhausvarianten aus. Eine davon ist oben abgebildet, mit der Scheune in der Verlängerung des Hauseingangs. Sie wurde jedoch nicht so verwirklicht.
Es gehörte also auch ein Stall und eine Scheune dazu. Der Pfarrer war wie alle andern Menschen Selbstversorger. Daher besass er einen Pflanzgarten, hielt im Stall Schweine, Ziegen und Hühner, und in der Scheune stand die Fahrhabe.
Das ehemalige Pfarrhaus und die Scheune stehen heute unter Denkmalschutz. Das Pfarrhaus ist erkennbar durch das Aargauer Wappen und die Jahrzahl über dem Haupteingang.
Glockenweihe vom 7. Oktober 1945
1945 erhielt der Turm seine 4. Glocke. Das Geläute besteht nun aus vier Glocken verschiedenster Epochen.
1. Glocke auf FIS, 778 kg,
gegossen 1945 bei Rüetschi, Aarau, Durchmesser unterer Rand 99 cm
Inschrift: Deum+Laudo+Vivos+Mortuos+Plango (Gott lobe ich, Lebende rufe ich, Tote beklage ich.)
Bild: Gottesmutter Maria mit Kind
2. Glocke auf AIS, 403 kg,
gegossen 1734 bei Frantz Antoni Grieshaber in Waldshut, Glockenriss 1943, umgegossen
1945 bei Rüetschi Aarau, Durchmesser 88 cm
Inschrift: Cari+Parochiani+Audite+Venite+et+Orate (Liebe Pfarreiangehörige, hört, kommt und betet.)
Bild: Heiliger Martin auf dem Pferd
3. Glocke auf CIS, 229 kg,
gegossen 1868 bei Rüetschi, Aarau, Durchmesser 75 cm
Inschrift: Ex Dono R. Henrici Wunderlin Presbyter Quinquagenari ex Mumpf cives Civibus
in Memoriam Jubilari anno 1868 (Gestiftet von Heinrich Wunderlin aus Mumpf, Priester während 50 Jahren. Ein Bürger den Bürgern. Im Gedenken an sein Jubiläum 1868.)
Bild: Maria
4. Glocke auf DIS, 191 kg,
gegossen 1846 bei Jakob Rüetschi, Aarau, Durchmesser 70.5 cm, Keine Inschrift.
Bilder: 1. Kreuz mit Leichnam Jesu, 2. Maria.
Ein detaillierter Bericht zur Glockenweihe ist in der „Fähri 2002“ zu lesen.
Glasmalereien in den Fensterscheiteln
Vier runde historische Glasfenster im Kirchenschiff entstammen der Zeit von 1900, zwei Glasfenster im neuen Choranbau sind aus dem Jahr 1957.
1. Rosette: Alpha und Omega, Anfang und Ende
2. Rosette: Taube als Sinnbild des Heiligen Geistes
3. Rosette: Christus als Lamm Gottes
4. Rosette: Das Manna als Lebensbrot
5. Rosette: Josef als Beschützender
6. Rosette: Martin teilt seinen Mantel
Bilderbogen durch die Jahrzehnte
Zum Kirchenschatz der Martinskirche:
Siehe spezieller Artikel auf WikiMumpf unter „Kirchliche Kunst in Mumpf“.
Quellen:
- (1) „Vom Jura zum Schwarzwald“ Band 32 (1957), Heft 1 Ausgrabungen und archäologische Forschungen in der Kirche von Mumpf, Dr. R. Bosch und H.R. Burkart.
- „Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau“: Band 9., Der Bezirk Rheinfelden, Peter Hoegger und Edith Hunziker (Seiten 359 bis 367)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_St._Martin_(Mumpf)
- Pfarreiarchiv Mumpf
- Fotoarchiv Dorfmuseum Mumpf
Autor:
Gerhard Trottmann