Was an Dokumenten ab etwa 1890 vorhanden ist, ergibt ein Spiegelbild kultureller Bemühungen inmitten des täglichen bäuerlichen Lebens und der wirtschaftlichen Gegebenheiten eines kleinen Dorfes.
Die Kameradschaft und der Zusammenhalt kamen in den guten Zeiten nicht zu kurz. Doch die Kriegsjahre, der Arbeitsanfall in der Landwirtschaft und die Zeiten der Arbeitslosigkeit stellten neben persönlichen Reibereien den Verein immer wieder vor neue Situationen. Oft hing der innere Zusammenhalt an einem Faden, bis sich dann auch wieder Jahre des Aufblühens einstellten.
Aus dem Vereinsleben:
1885 1. Fahnenweihe
1899 Teilnahme am Musiktag in Magden
1901 Beschluss für eine Vereinsfoto
1906 Kantonaler Musiktag in Mumpf
1919 Theateraufführung mit Kirchenchor und Turnverein: „Die zwei Gesichter der Welt“ von Siegfried Wunderlin
1927 Interne Dispute, ob Holz und Blechinstrumente zusammen passen
1931 Beschluss, die Musikgesellschaft nicht aufzulösen
1935 2. Fahnenweihe
1945 spendet die MG 100 Fr. an Kriegsopfer
1949 Kantonaler Musiktag in Mumpf
1950 Uniformeneinweihung
1956 2. Theateraufführung „Die zwei Gesichter der Welt“ von Siegfried Wunderlin mit mehreren Zusatzvorstellungen im „Adler“.
1967 3. Fahnenweihe
1972 Kantonaler Musiktag in Mumpf am 27./28. Mai, mit 900 Musikanten und 27 Vereine
1976 Das Fernsehstudio Zürich bringt am 23. April in der Sendung „Stadt und Land“ Darbietungen mit der Musikgesellschaft, mit Aufnahmedatum vom 27. Februar.
1977 100 Jahre Musikgesellschaft Mumpf mit Jubiläumsfeier am 14. und 15. Mai
1982 Regionalisierung des Vereins unter dem neuen Namen Brass Band Fricktal.
Aus den Vereinsbüchern
Die Musikproben fanden wöchentlich statt. Oft wurden sie schlecht besucht, was immer wieder zu Spannungen und sogar zu Ausschlüssen führte. In den Statuten von 1898 steht: „Wer die festgesetzten Musikproben, ohne sich genügend entschuldigt zu haben nicht besucht, wird mit einer Strafe von 20 Rappen gebüsst.“ Je nach Arbeit in der Landwirtschaft wurden die Probetermine oft kurzfristig durch den Vereinsweibel angesagt.
Gelegenheiten zum Auftreten gab es viele: Waldfeste, Kurkonzerte, Maskenball, Lottomatch, Fasnachtskonzerte, Kegelschieben, Frühlings- und Herbstkonzerte, Platzkonzerte, Theateraufführungen, Grabmusik, Christbaumverlosung, Fronleichnamsmusik, Familienabend.
Fast jährlich stand die Teilnahme an einem Aargauischen Musiktag auf dem Programm, sodass der Verein für weitere Reisen eher weniger zu haben war.
Hie und da ist zu lesen, dass dem Instrumentenspiel auch bald der Durst folgte. Im Jahr 1916 beschloss darum die Generalversammlung: „Weil gegenwärtig der Kassenbestand so gross sei, so könnte man ein Fass Bier auf Kosten der Vereinskasse trinken, und zwar gerade nach der Versammlung, was beschlossen wurde.“
Nicht immer ging es dieser Vereinskasse glänzend: 1938 betrugen die Einnahmen 760 Fr., im Kriegsjahr 1940 waren es noch 300 Fr..
Die wichtigen Kassa-Einnahmen von 1936 im Überblick:
Gemeindebeitrag 50 Fr.
Kirchgemeindebeitrag 40 Fr.
Erlös Familienabend 32 Fr.
Passivmitglieder 171 Fr.
Konzerteinnahmen 150 Fr.
Grabmusiken 65 Fr.
Schmunzelnd vernehmen wir aus den guten alten Zeiten, dass während der Proben noch Stumpen auf den Notenständern lagen, die immer dann zum „Zug“ kamen, wenn die betreffenden Musikanten nicht gerade spielen mussten. Vor lauter Qualm kamen die Zeichen des Dirigenten nicht immer an.
Die Dorfmusik war auch immer dort, wo in der Gemeinde Festliches geschah: An einer kirchlichen Prozession, bei der Erst-August-Feier, beim Abholen eines Vereins von einem grossen Fest, bei der Glockenweihe 1945 oder beim Jugendfest 1953.
Immer wieder legen die Protokolle Anregungen vor, dass eine Musikgesellschaft an ihren Konzerten doch eigentlich auch selber die Tanzmusik machen sollte, vor allem aus finanziellen Gründen. Aus den Verhandlungen vom 27. Januar 1937 ergaben sich bereits konkrete Ansätze: Am Maskenball im Februar sollten einige Musikanten als Bauernkapelle auftreten. Zitat aus dem Protokollbuch: „... das wäre einfach zu machen, man könnte nur Hosenbeine auflizen, weisse Strümpfe anlegen, umgekehrter Kragen mit roter Krawatte und roter Weste und ein eingetrückter Filzhut.“
Den „Traum“ von der eigenen Tanzmusik erfüllten sich die Musikanten erst um 1960. Eine Gruppe mit Peter Gut, Paul Gut, Bernhard Berger, Vinzenz Berger, Urs Kaufmann und Hans Wunderlin bildeten die „Chüefermusig“. Bald weiteten sie ihre Auftritte aus und spielten zum Tanz auf im Dorf, aber auch in den hiesigen Wirtschaften an Samstagabenden. Der Aufstieg in die höheren Spielklassen setzte nach einem knappen Jahrzehnt der Tanzmusik ein abruptes Ende.
1964 spielte der Verein in der 4. Klasse, 1965 erstmals in der 2. Klasse, 1971 in der 1. Klasse und 1973 in der Höchstklasse. Der Verein nannte sich nun Brass Band Mumpf und begann sich an diversen Brass-Band-Wettbewerben mit anderen Formationen zu messen. Es wirkten nun nicht mehr ausschliesslich Mumpfer Bläser mit.
1977 feierte der Verein in der Turnhalle Kapf das 100-jährige Bestehen der Musikgesellschaft Mumpf. Bald darauf fand die Umbenennung statt in „Brass Band Fricktal“. Mit der Regionalisierung fünf Jahre darauf wurden dann auch die Proben auswärts gehalten.
Hörbeispiel mit der Brass Band Mumpf
„Frei wie der Adler“, Marsch für Blasorchester des Komponisten Heinrich Steinbeck
Quellen:
Vereinsdokumente
Fotoarchiv Dorfmuseum Mumpf
Jörg Müller
Autor:
Gerhard Trottmann