- Alexander Güntert für das Orgelblasbalgziehen pro 1851 - 1.50
- Lehrer Wunderlin in Wallbach …. Leitung des Chorgesanges - 20.–
- Lehrer Güntert für das Orgelspiel pro 1851 - 20.–
- beiden Lehrern Güntert u. Wunderlin zu Handen der sämtlichen Chorsänger- 14.–
Kirchenmusik in Mumpf muss es schon „immer“ gegeben haben. In den Protokollen und Buchhaltungen der Kirchgemeinde gibt es viele Hinweise darauf. Die Protokoll- und Kassabücher aus den Anfängen des Chores sind jedoch unauffindbar. Neben der musikalischen Gestaltung der Gottesdienste war ihm das gesellschaftliche Chorleben wichtig, daher gehörten die Feste und Reisen ebenso dazu. Auch die Angebote des Kreis-Cäcilien-Verbandes Fricktal wie etwa die Chordirektorenkurse, Stimmbildungskurse und die Cäcilianischen Gesangsfeste wurden regelmässig besucht. Als erstes Datum eines Kursbesuches ist das Jahr 1896 vermerkt. Besonders die Kriegsjahre und Wirtschaftskrisen bedeuteten für den Chor und die Mitglieder des Vorstandes harte Zeiten. Oft erfüllten die Vorstandsmitglieder gleich mehrere Funktionen und oftmals war der Chor durch Militärabsenzen oder auswärtige Arbeitseinsätze nur schwach besetzt. Die erste Choraufnahme stammt von 1929.
Aus dem Chorleben
Lange Zeit bildeten drei Sänger den Vorstand. Zwischen 1920 und 1960 wirkten Ankerwirt Oskar Brenner, Posthalter Josef Kaufmann, Elektriker Hans Oetiker und Spenglermeister Fritz Galatti als Präsidenten.
Revolutionäres geschah an der GV im 1940: Lehrer Knecht äussert sich, „dass nahezu alle umliegenden gemischten Chöre auch Frauenstimmen im Vorstand besässen. Man möge hier energisch Stellung nehmen, damit die Frauen ihre geheimen Anträge und Meinungen an die Öffentlichkeit bringen können, damit die Beichtereien ein Ende haben.“ So erhielt der Chor mit Hermine Güntert die erste Vicepräsidentin und 1972 übernahm mit Liselotte Kalt-Güntert erstmals eine Frau die Vereinsleitung.
Die Geistlichkeit
Die Pfarrer setzten sich in unterschiedlicher Weise für den Chor ein. Einer kämpfte dafür, dass die Orgel ersetzt werden sollte, ein anderer, dass der Chor auf der Empore mehr Platz erhält. Einem Pfarrer liegt der Fortbestand des Chores am Herzen. Er wünschte an einer GV, dass sich die Braut nicht an fremdem Ort trauen lasse und dass die junge Ehefrau im Kirchenchor weiter wirke wie früher.
Das Protokoll-Zitat aus der GV 1929 muss wohl zwischen den Zeilen gelesen werden:
„Herr Pfarrer wünscht auch, dass der Kirchenchor jedes Jahr eine weltliche Veranstaltung habe. Er solle aber eine ihm gebührende Zeit innehalten. Es soll ja nie vorkommen, dass etwa einer am Morgen unter dem Tisch erwache.“
Das liebe Geld
Einen eigentlichen Mitgliederbeitrag gab es nicht. Die Vereinskasse füllte sich vor allem durch Grabgesänge. 1934 kostete ein Grabgesang allein mit zwei Liedern 20 Franken, ein Requiem allein 15 Franken. Wurde beide gewünscht, kostete dies zusammen 25 Franken. Diese Art der Geldbeschaffung scheint mit den Jahren fragwürdig geworden zu sein. 1942 kostete ein Grabgesang allein nur noch 10 Franken. Nun mussten die Mitglieder pro Monat zwei Franken in die Reisekasse bezahlen. Die Kirchgemeinde bezahlte damals dem Chor jährlich 100 Franken. Chorleiter und Organist erhielten eine Entschädigung durch die Kirchgemeinde. Zusätzlich entlöhnt werden musste der „Orgelblasbalgtreter“, bis dann der elektrisch betriebene Orgelblasbalg eingeführt wurde.
Die Chorleiter waren meist auch Schulmeister im Dorf. Mit den Arbeitsbedingungen scheinen nicht immer alle zufrieden gewesen zu sein. Lehrer Wunderlin trat dreimal zurück. 1. Er fühle sich unterbezahlt. 2. Die Arbeit setze seiner Gesundheit zu. 3. Es mache sich ein Augenleiden bemerkbar. Jedesmal beantragte er eine Gehaltserhöhung.
Verwunderliches ist vom Chorleiter und Unterlehrer Mösch zu vernehmen: Er brannte 1880 nach Amerika durch, nachdem er sich vorher den Chorleiterlohn gleich zweimal ausbezahlen liess.
Ein Chorleiter motivierte seine Leute mit „Üb Aug und Ohr im Kirchenchor.“
Mit einem Dirigenten fachlich nicht zufrieden zu sein war ein heikler Punkt. Ein Chorleiter musste der Generalversammlung versprechen, sich bei der damals bekannten Fricktaler Grösse Schlienger in Kaiseraugst weiterzubilden. Offenbar ohne Erfolg. Zwei Jahre später war der Chor mit dem Leiter noch immer nicht glücklich. Der Präsident musste nun fortan mit dem Dirigenten „den goldenen Mittelweg“ finden.
Ein besonderer Helfer in der Not war Josef Gut aus Mumpf. Immer wieder sprang er in die Lücke, wenn ein Chorleiter ausgestiegen war. Dies war insofern bemerkenswert, weil er auch noch den Männerchor und die Musikgesellschaft dirigierte.
Die Sängerinnen und Sänger
Im Laufe der Zeiten bewegten sich die Mitgliederzahlen zwischen 15 und 35. Die Pünktlichkeit der Singenden schien nicht immer eine Stärke zu sein. Im Protokoll 1931 steht: „Emma Denz unterstützt den Dirigenten und beklagt sich über die Unpünktlichkeit am Sonntag in der Kirche. Der Chor sei oft noch nicht so zusammen am Anfang, dass ein „Asperges me“ recht gesungen werden könne. Herr Brenner stimmte diesem Punkte zu, teilt aber mit, dass der Fehler nicht allein hinter den Sängern zu suchen sei, sondern dass die Kirchenuhr hie und da meistens immer falsch gehe.“
Auch von Sticheleien ist die Rede. In einem Protololl gibt es zu lesen: „Privates gehört nicht in den Kirchenchor.“
Eine delikate Sache, nämlich die Förderung der weniger begabten Sänger fand 1944 diese Lösung: Der Präsident beantragt, dass man für weniger begabte Sängerinnen und Sänger Einzelproben einschalten soll, was vom Vorstand beschlossen wurde.
Feste waren zwingend Bestandteile des Chorlebens. Die Anlässe erhielten immer wieder neue und fantasievolle Namen: Schüblighock, Jägerweihnacht, Gartenfest, St. Gallerschübligabend, Marronischmaus, Forellenessen, Wasserfest, Waldhausfest, Schinkenessen, Erdbeerschmaus, Chorfasnacht, Hüttenfest, Käseteilete, Kellerfest, Pizzaessen, Geburifäscht, Suuserbummel usw.
1933 ist zu lesen: „…wo der edle Rebensaft den Sängerinnen gar bald die Bäcklein streift, bis sie sich lachend röten!“
1966 wird berichtet von einer spontanen Polonaise nach der Polizeistunde in den Ankerkeller. Nicht bekannt ist der Name des Informanten, der dem Hüter des Gesetzes dazu einen Wink gab. Auch die Höhe der eingezogenen Bussengelder ist nirgends vermerkt.
Das Reisen scheint des Sängers Lust zu sein: 1889 führte die erste Reise nach Wehr. Dreitägige gab es ins Tessin 1935, Engadin 1946, Rheinland 1953, Innsbruck 1957 und viertägige nach Rom 1989, Wien 1998, Hamburg 2007 und nach Nürnberg 2018.
Das Chorsingen im Laufe der Zeit
Den wesentlichsten Anteil bildete schon immer die Musik im Gottesdienst. In der Chorliteratur und in der Zahl der Einsätze vollzog sich im Laufe der Zeit ein starker Wandel. Gesungen wurden durch den Chor im Jahr 1946: 45 lateinische Messen, 8 deutsche Messen, 12 Vespern, 4 Prozessionen, 7 Volkschoräle, 8 Missionsabende, 7 Grabgesänge, 7 Requiem. Dazu kamen die wöchentlichen Proben und die Ständchen, ein wahrlich starkes Engagement. 50 Jahre später waren es 12 bis 15 kirchliche und weltliche Auftritte und 35 bis 40 Chorproben. Nach dem zweiten Vatikanisches Konzil hatten die Chorgesänge neuen Anforderungen zu entsprechen. Sie sollten die Gedanken des Kirchenjahres und die Texte der Lesungen im Gottesdienst aufnehmen. So ergab sich auch ein Wechsel von den Messgeängen hin zu anderm Liedgut, etwa Taizégesängen, neuzeitlichen und rhythmischen Liedern und Gospelgesängen
Zwischen 1920 und 1940 standen auch Unterhaltungskonzerte mit Theater auf dem Jahres-Programm. Anno 1935 hiessen die Lieder „I weiss mer es Plätzli“, „Hans im Schornstein“ und „Schrib denn gli“, ein Lustspiel trug den Namen „Rohkost“.
Das erste nachgewiesene Kirchenkonzert ist datiert vom 26. November 1950 mit Instrumental- und Chorwerken von J.S. Bach. Weitere solche Konzerte fanden 1957, 1973, 1975, 1980, 1983, 1985, 1990, 1997 und 2000 statt. Als anspruchsvolle Werke wurden aufgeführt:
• Missa Brevis in B, Sti. Joannis de Deo für Chor, Solisten und Orchester von J. Haydn
• Missa Brevis in B, KV 275 für Chor Solisten und Orchester von W.A. Mozart
• Messe in C-Dur für Chor, Solisten und Orchester von A. Bruckner
• Kantate „Nun komm der Heiden Heiland“ für Chor Solisten und Orchester von J.S. Bach
• Kantate „Uns ist ein Kind geboren“ für Chor Solisten und Orchester von J.S. Bach
• Te Deum für Chor Solisten und Orchester von J.Chr. Bach
• Magnificat für Chor Solisten und Orchester von Antonio Vivaldi
1969 nahm der Chor eine Schallplatte auf mit der „Missa Brevis in B“ von Josef Haydn für Chor, Solisten und Orchester sowie dem „Laudate Dominum“ von W.A. Mozart.
Als Mitglied des Kreiscäcilienverbandes Fricktal organisierte der Kirchenchor in den Jahren 1988, 2002, 2003 und 2012 Delegiertenversammlungen für die insgesamt 23 angeschlossenen Chöre.
Die Sängerschar beteiligte sich auch immer wieder aktiv ausserhalb der Pfarrei am Musikgeschehen, zum Beispiel an den Fricktalischen Kreiscäcilienfesten: 1968 in Sulz, 1974 in Zeihen, 1977 in Laufenburg, 1986 in Gipf-Oberfrick, 1989 in Möhlin, 1996 in Rheinfelden, 2000 in Gipf-Oberfrick, 2005 in Möhlin, 2008 in Wittnau, 2016 in Wegenstetten. Auch an den beiden Cantarsveranstaltungen gab es Auftritte, 2011 in Rheinfelden und 2015 in Brugg, jeweils zusammen mit dem Kirchenchor Frick und Instrumentalisten.
Anlässlich des 800-Jahr-Jubiläums der Gemeinde Mumpf fand am Martinisonntag 2018 ein Festgottesdienst statt. Dabei wirkten mit dem Kirchenchor Mumpf auch Gesangssolisten sowie ein Instrumentalensemble mit.
Hörbeispiel mit dem Kirchenchor Mumpf:
"Ehre und Preis sei Gott", für 5-stimmigen Chor und Orchester von J.S. Bach
"Ehre und Preis sei Gott", für 5-stimmigen Chor und Orchester von J.S. Bach
Dokumentation auf Youtube
Quellen:
Protokolle und Rechnungsbücher der Pfarrei
Bücher des Chores
Fotoarchiv Dorfmuseum Mumpf
Autor:
Gerhard Trottmann