Auch eine Fähre kommt in die Jahre. Unsere Mumpfer Rhein-Fähre, Rhenus II, wurde 1995 in Betrieb genommen.
Die Bewilligung, eine Rheinfähre zu betreiben, erhielt Mumpf durch das Dorfrecht im frühen Mittelalter und 1535 bei der Erneuerung. So ist im Dorfrecht von 1535 zu lesen: Item sie …
Dieses Fährrecht erfuhr beim Wechsel 1802 von der habsburgischen Herrschaft in Wien zur eidgenössischen Herrschaft mit den Kantonen Fricktal und dann Aargau keinen Widerruf. Die Fähre besteht also, mit Ausnahme von kriegerischen Ereignissen, ohne Unterbruch mindestens 800 Jahre und gilt somit klar als „Historische Fähre“.
Auf WikiMumpf befindet sich unter Fischerei, Flösserei, Schifffahrt ein Kapitel zur Rheinfähre.
An Rhenus II als Holzfähre nagte der Zahn der Zeit, das Wasser und die Einflüsse der Witterung. Der Schiffsboden liess Wasser durch, die Dichtungsmaterialien waren defekt geworden und die Rückwand ebenfalls.
Mumpf besass auch eine Schiffsbautradition, erst durch die Bootsbauer Xaver Hurt und Sohn Eugen Hurt und ab 1930 durch Johann Waldmeier senior und junior und durch Max Metzger.
Und nun ein grosser Glücksfall: Max Metzger, seit 2011 pensioniert, erklärte sich spontan bereit, die Revision mit seinem Wissen und seiner Arbeit zu begleiten.
Die Fähre musste total zerlegt werden, aber nicht mit dem Brecheisen. Es war ein sorgfältig sanftes Arbeiten. Die Fähre besass nur wenige Schrauben. Geschätzte 600 Nägel und um 2400 Agraffen (Klammern) mussten herausgeholt werden. Und weil diese auf dem Markt nicht mehr erhältlich sind, putzten Max Metzger und seine Leute jeden einzelnen Nagel und jede einzelne Klammer, um sie wieder verwenden zu können.
Die Werkzeuge brachten die total 15 Handwerker, alles Mitglieder vom Pontonierfahrverein Mumpf, selber mit. Einzig die Nagelpistole konnte bei den Genietruppen des Bundes ausgeliehen werden.
Die Revisionsarbeiten dauerten vom 2. Januar 2018 bis zur 1. Hälfte April. Die Materialkosten mit 8000 Franken übernahm die Gemeinde Mumpf und die Stadt Säckingen. Der Mumpfer Schreinermeister Silvan Schmid besorgte gemeinsam mit Max Metzger die Leitung dieser Fährenrevision.
Die erste Arbeit bestand also in der Zerlegung des Fährschiffes. Am Schiffsboden wurden die Klammern gelöst und die Dichtungsschnüre samt den trapezförmigen Klemmleisten herausgenommen. Dieses Ausnageln erforderte grosse Geduld und Sorgfalt.
Auch die Rungen mussten abmontiert sein. Das Holz war angegriffen und wurde ersetzt. Die Metallwinkel-Verstärkungen waren verrostet. Sie bekamen eine Oberflächen-Behandlung, um dann wieder eingesetzt zu werden.
Ausgenagelt lag das Schiff nun auf der Seite.
Die neuen Bitumen-Dichtungsbänder aus einem Gummigemisch wurden in die Fugen der Bodenbretter (im Fachjargon: Planken) eingelegt, mit neuen trapezförmigen Holzleisten aus Lärchenholz überdeckt und mit den Agraffen angedrückt. Ein extremer Eingriff bedeutete das Auswechseln einer Planke. Auf der Aufnahme ist die Lücke gut ersichtlich.
So zeigte sich der nun dicht gemachte Schiffsboden nach getaner Arbeit.
Der gleiche Arbeitsgang der Abdichtung musste auch seitlich an den Aussenwänden ausgeführt werden.
Auch die Rungen wurden total erneuert. Das sind die Streben am Boden und an den Seitenwänden, die der Stabilität des Bootes dienen. Sie sind neu gefertigt aus Eichenholz. Die entrosteten und schutzbeschichteten Winkeleisen sind nicht vernagelt, sondern verschraubt.
Die Arbeiten kamen gut voran. Auch das neue Bodenbrett ist nahtlos eingefügt. Es besteht aus hochdruckimprägniertem Weisstannenholz. Die Innenwand der Fähre erhielt einen Pinsel-Anstrich aus Imprägnierung. Dieser bewirkt einen andauernden Holzschutz gegen Feuchte und Pilze.
Immer dabei: Max Metzger, gelernter Bootsbauer, Erschaffer und nun Erneuerer der Rhenus II. Hier bearbeitet er die neue Rückwand der Fähre, „Spiegel“ genannt.
Der neue „Spiegel“ ist in der Fähre integriert.
Die Schiffsunterseite bekam einen „Antifoulinganstrich“. Er verhindert, dass Algen ihre feinen Wurzeln in das Holz hineintreiben können.
Stets beim Anlegen oder Abstossen touchiert die Fähre den Holzbalken beim Steg. Dieses Auflaufen bedeutet jedes Mal eine Abnützung am Schiffsboden. Gegen diese Beschädigungen montiert hier Peter Studinger die Aussensohlen und zusätzlich zwei Stück Innensohlen aus Lärchenholz.
Ein zweiter Aussen-Anstrich mit „Antifouling“, der gemäss Anleitung später periodisch wiederholt werden sollte, verstärkt die Wirkung als Algen-Bewuchsschutz.
Schliesslich wird eine dritte Farbschicht in Blau aufgetragen und noch ein Metallschutz an den im Wasser sich befindlichen Aussenkanten angeschraubt.
Auch die Sitzbänke samt Rücklehnen werden durch Thomy Berger und Peter Studinger aus Lärchenholz erneuert.
Silvan Schmid bei der Herstellung der Abdeckung und seitlichen Scheuerleisten. Diese Leisten aus Eichenholz schützt die Aussenwand vor Beschädigung beim Anprallen.
Und so präsentierte sich in der zwischenzeitlichen Werft Burgmatt die renovierte historische Fähre, wartend auf den Transport und die baldige Jungfernfahrt.
Unter den Augen von Max Metzger senkt der Manitou von Urs Müller die Fähre zur Einwasserung in den Rhein.
Dank verdienstvollem Einsatz von vielen Idealisten gelang es, ein Stück historischer Vergangenheit in unsere Zeit hinüber zu retten! Hoch lebe die Fähre, hoch lebe die alte Bootsbauerkunst! Dass die Arbeit gut gelungen ist, zeigen die Hauptverantwortlichen durch die geglückte Rückkehr von der Jungfernfahrt mit dem Fährimann Rico Jegge.
Text:
Gerhard Trottmann
Auskünfte:
Max Metzger
Urs Müller
Silvan Schmid
Links zur Fähre:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fähre_Mumpf–Bad_Säckingen
https://mumpf.ch/cms/unser-dorf-1/wissenswertes/45-die-rheinfaehre